DIE RHEINPFALZ, Pirmasenser Rundschau, 26. Juli 2014
Kultur Regional
Weit mehr als Schultheater
Das „Theater Szenario“ des Pamina-Schulzentrums in Herxheim überzeugt mit einem antiken Stoff beim diesjährigen Landeschultheatertreffen in Pirmasens
Von Tanja Daub
Schultheater spielt man doch sowieso nur für Eltern und Verwandtschaft und außerdem ist es meilenweit von dem entfernt, was Profischauspieler auf die Bühne bringen – seit dem diesjährigen Landeschultheatertreffen, das von Montag bis Donnerstag in Pirmasens stattfand, muss mit diesem Klischee aufgeräumt werden. Wie keine andere Schülergruppe belehrte am Mittwoch das „Theater Szenario“ des Pamina-Schulzentrums in Herxheim alle Unkenrufer und zeigte, dass man auch in jungen Jahren mit einer derart großen Hingabe und darstellerischer Sicherheit spielen kann, wie man es sonst nur von den Profis erwarten würde.
„Iphigenie Königskind“ lautet der Name des Schauspiels, das die Herxheimer in der Pirmasenser Festhalle zum Besten gaben – ein Stück aus der Feder von Pauline Mol, einer niederländischen Autorin, die lange Jahre in der Kinder- und Jugendtheaterszene arbeitete. Wie der Name es schon vermuten lässt, ist der zugrundeliegende Stoff der Antike entlehnt. Die Autorin orientierte sich an Euripides' Klassiker „Iphigenie in Aulis“ und hielt sich, was die Haupthandlung betrifft, weitgehend an den Verlauf der ursprünglichen Geschichte: Die griechische Flotte unter Agamemnon ist auf dem Weg nach Troja. Aber der Krieg kann nicht beginnen, denn die Griechen sitzen wegen anhaltender Windstille fest. Als Pfand für die Weiterfahrt soll Agamemnon seine Tochter Iphigenie der Göttin Artemis opfern. Unter dem Vorwand, dass Iphigenie Achilles heiraten soll, lässt der Vater sie ins Lager kommen. Starke Zweifel plagen Agamemnon. Doch es ist zu spät, denn das Volk fordert ein Opfer. Tapfer und wider allen Erwartens nimmt Iphigenie ihr Schicksal an und will, nicht aus patriotischen Gründen, wie in der Euripides-Fassung, sondern aus Liebe und Dankbarkeit zu ihren Eltern in den Tod gehen.Mit Hilfe eines statischen, multifunktionalen Bühnenbilds, das das Spielen auf gleich zwei Ebenen möglich macht, musikalischen Einspielern und zeitgenössischen Kostümen, überzeugten die jungen Darsteller. Durch eine entsprechende Körperhaltung und einen außergewöhnlichen Sprachduktus gelang es den Gymnasiasten, nicht zuletzt die Grenzen zwischen Kinderrolle und Erwachsenenrolle deutlich zu markieren. Iphigenies Eltern wirkten am Mittwoch äußerst reif, fast abgeklärt, wohingegen die Hauptrolle selbst bis in die Hälfte des Stücks nahezu infantil gezeichnet wurde. Sprach Iphigenie, geschah das klar und auf das Wesentliche reduziert, sprachen die Eltern, wurde das durch einen Sprachwechsel markiert, der auch mal ins Englische abdriftet, um vom Kind nicht verstanden zu werden.
Die Grenze zwischen Erwachsenenwelt und Kinderwelt wurde in der schauspielerischen Leistung der „Theater Szenario“-Truppe ebenso hervorragend herausgearbeitet, wie der innere Zwiespalt in der Protagonistin, die in gleich zwei Figuren gesplittet war: Das Kind, das die Seele und das Unbewusste darstellte und sich gegen die Erwachsenenwelt sträubte, sowie Iphigenie selbst, die den elterlichen Erwartungen entsprechen wollte. Dabei war es vor allem die von den Jungschauspielern mit viel Witz dargestellte Beziehung zwischen diesen beiden, die die meisten Szenen des Stücks prägte und sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zog. Erst im zweiten Teil des rund 90-minütigen Stücks, als Iphigenie von ihrem Schicksal erfahren hat und es sogar hinnimmt, wurde die zentrale Figur durch Sprache und Körperhaltung erwachsener und reifer gezeichnet – was die Herxheimer Gruppe durch einen schlichten Darstellerwechsel für das Publikum zusätzlich und äußerst wirksam unterstrich. Würde man einzelne Darsteller herausheben, wäre der Gesamtdarstellung nicht Genüge getan – durchweg überzeugte jeder Einzelne in seiner Rolle und trug dazu bei, dass die Vorstellung von Schülertheater weit übertroffen wurde.
Es ist großartig, dass sich so junge Menschen an eine Kombination aus epischer Erzähltechnik und Spielszenen wagen und dabei derart professionell wirken – und zwar mit Leichtigkeit statt perfektionistischer Verbissenheit. Mit der Aufführung haben die Schüler aus Herxheim gezeigt, wie wichtig und sinnvoll Theaterarbeit mit jungen Menschen sein kann und wie viel Freude sie, sowohl auf Seiten der Darsteller selbst als auch auf Seiten des Publikums, machen kann. Verwundert ist man hinsichtlich der überragenden Leistung der jungen Schauspieler jedoch nicht wirklich – kommt Regisseur Ben Hergl doch vom – ebenfalls aus Herxheim stammenden – Chawwerusch-Theater. Am Mittwoch war es mehr als Schultheater. Es war ein Höhepunkt dieses Schultheatertreffens, von ganz speziellen Talenten auf die Bühne gebracht – von denen es hoffentlich noch ganz viele geben wird.
Kultur Regional
Weit mehr als Schultheater
Das „Theater Szenario“ des Pamina-Schulzentrums in Herxheim überzeugt mit einem antiken Stoff beim diesjährigen Landeschultheatertreffen in Pirmasens
Von Tanja Daub
Schultheater spielt man doch sowieso nur für Eltern und Verwandtschaft und außerdem ist es meilenweit von dem entfernt, was Profischauspieler auf die Bühne bringen – seit dem diesjährigen Landeschultheatertreffen, das von Montag bis Donnerstag in Pirmasens stattfand, muss mit diesem Klischee aufgeräumt werden. Wie keine andere Schülergruppe belehrte am Mittwoch das „Theater Szenario“ des Pamina-Schulzentrums in Herxheim alle Unkenrufer und zeigte, dass man auch in jungen Jahren mit einer derart großen Hingabe und darstellerischer Sicherheit spielen kann, wie man es sonst nur von den Profis erwarten würde.
„Iphigenie Königskind“ lautet der Name des Schauspiels, das die Herxheimer in der Pirmasenser Festhalle zum Besten gaben – ein Stück aus der Feder von Pauline Mol, einer niederländischen Autorin, die lange Jahre in der Kinder- und Jugendtheaterszene arbeitete. Wie der Name es schon vermuten lässt, ist der zugrundeliegende Stoff der Antike entlehnt. Die Autorin orientierte sich an Euripides' Klassiker „Iphigenie in Aulis“ und hielt sich, was die Haupthandlung betrifft, weitgehend an den Verlauf der ursprünglichen Geschichte: Die griechische Flotte unter Agamemnon ist auf dem Weg nach Troja. Aber der Krieg kann nicht beginnen, denn die Griechen sitzen wegen anhaltender Windstille fest. Als Pfand für die Weiterfahrt soll Agamemnon seine Tochter Iphigenie der Göttin Artemis opfern. Unter dem Vorwand, dass Iphigenie Achilles heiraten soll, lässt der Vater sie ins Lager kommen. Starke Zweifel plagen Agamemnon. Doch es ist zu spät, denn das Volk fordert ein Opfer. Tapfer und wider allen Erwartens nimmt Iphigenie ihr Schicksal an und will, nicht aus patriotischen Gründen, wie in der Euripides-Fassung, sondern aus Liebe und Dankbarkeit zu ihren Eltern in den Tod gehen.Mit Hilfe eines statischen, multifunktionalen Bühnenbilds, das das Spielen auf gleich zwei Ebenen möglich macht, musikalischen Einspielern und zeitgenössischen Kostümen, überzeugten die jungen Darsteller. Durch eine entsprechende Körperhaltung und einen außergewöhnlichen Sprachduktus gelang es den Gymnasiasten, nicht zuletzt die Grenzen zwischen Kinderrolle und Erwachsenenrolle deutlich zu markieren. Iphigenies Eltern wirkten am Mittwoch äußerst reif, fast abgeklärt, wohingegen die Hauptrolle selbst bis in die Hälfte des Stücks nahezu infantil gezeichnet wurde. Sprach Iphigenie, geschah das klar und auf das Wesentliche reduziert, sprachen die Eltern, wurde das durch einen Sprachwechsel markiert, der auch mal ins Englische abdriftet, um vom Kind nicht verstanden zu werden.
Die Grenze zwischen Erwachsenenwelt und Kinderwelt wurde in der schauspielerischen Leistung der „Theater Szenario“-Truppe ebenso hervorragend herausgearbeitet, wie der innere Zwiespalt in der Protagonistin, die in gleich zwei Figuren gesplittet war: Das Kind, das die Seele und das Unbewusste darstellte und sich gegen die Erwachsenenwelt sträubte, sowie Iphigenie selbst, die den elterlichen Erwartungen entsprechen wollte. Dabei war es vor allem die von den Jungschauspielern mit viel Witz dargestellte Beziehung zwischen diesen beiden, die die meisten Szenen des Stücks prägte und sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zog. Erst im zweiten Teil des rund 90-minütigen Stücks, als Iphigenie von ihrem Schicksal erfahren hat und es sogar hinnimmt, wurde die zentrale Figur durch Sprache und Körperhaltung erwachsener und reifer gezeichnet – was die Herxheimer Gruppe durch einen schlichten Darstellerwechsel für das Publikum zusätzlich und äußerst wirksam unterstrich. Würde man einzelne Darsteller herausheben, wäre der Gesamtdarstellung nicht Genüge getan – durchweg überzeugte jeder Einzelne in seiner Rolle und trug dazu bei, dass die Vorstellung von Schülertheater weit übertroffen wurde.
Es ist großartig, dass sich so junge Menschen an eine Kombination aus epischer Erzähltechnik und Spielszenen wagen und dabei derart professionell wirken – und zwar mit Leichtigkeit statt perfektionistischer Verbissenheit. Mit der Aufführung haben die Schüler aus Herxheim gezeigt, wie wichtig und sinnvoll Theaterarbeit mit jungen Menschen sein kann und wie viel Freude sie, sowohl auf Seiten der Darsteller selbst als auch auf Seiten des Publikums, machen kann. Verwundert ist man hinsichtlich der überragenden Leistung der jungen Schauspieler jedoch nicht wirklich – kommt Regisseur Ben Hergl doch vom – ebenfalls aus Herxheim stammenden – Chawwerusch-Theater. Am Mittwoch war es mehr als Schultheater. Es war ein Höhepunkt dieses Schultheatertreffens, von ganz speziellen Talenten auf die Bühne gebracht – von denen es hoffentlich noch ganz viele geben wird.